Ich spreche mit Angela Küster, Mitgründerin von PlanetVegFoods, einem Unternehmen, welches seit kurzem Cashews aus veganer Landwirtschaft aus Brasilien importiert mit Vorbereitung auf die Bio-Zertifizierung.
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Den Cashewbruch* gibt es bei Acaju im Onlineshop zu kaufen* und wir haben es uns zur Mission gemacht, möglichst viele Einblicke in die Produktion der von uns verkauften Lebensmittel zu geben und möchten daher die Menschen hinter den Produkten vorstellen.
Frau Küster, Sie sind Gründerin von PlanetVegFoods – stellen Sie sich bitte kurz vor und erzählen Sie uns, was Sie zur Gründung des Unternehmens geführt hat?
Ich bin promovierte Politologin, in Stuttgart geboren, und lebe mit meiner Familie in Berlin. Insgesamt war ich 20 Jahre im Ausland, 15 Jahre in Brasilien und 5 Jahre in Spanien, und habe ich mich in verschiedenen Projekten und Studien hauptsächlich mit Ernährung – und Landwirtschaft beschäftigt.
Ich habe lange mit dem Gedanken gespielt, selbst ein Foodstartup zu gründen, weil mich vor allem die Entwicklung von Produkten für die vegane Ernährung fasziniert. Seit vielen Jahren ernähre ich mich hauptsächlich mit Lebensmitteln aus dem ökologischen Anbau und seit sieben Jahren lebe ich vegan. Dann habe ich noch „Kopf schlägt Kapital“ von Günther Faltin gelesen und beschlossen, PlanetVegFoods zu gründen, um mit fair gehandelten und veganen Bioprodukten zu arbeiten.
Sie haben 15 Jahre in Brasilien gelebt? Was haben Sie dort beruflich gemacht? Was hat Sie dazu bewegt, wieder nach Deutschland zurückzukehren?
Die ersten vier Jahre hatte ich ein Stipendium der Heinrich-Böll-Stiftung und habe dort über nachhaltige Entwicklung und Demokratie geforscht und an der FU-Berlin promoviert. Danach habe ich im Büro einer deutschen Stiftung in Fortaleza angefangen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin Projekte zu koordinieren.
Daraus ergab sich ein Projekt zur nachhaltigen Entwicklung der familiären Landwirtschaft, das fünf Jahre lang von der KAS und der EU finanziert und von mir geleitet wurde. Das Projekt war Anfang 2011 zu Ende und die Stiftung schloss das Büro. Danach haben wir noch einen großen Agrarökologie-Kongress organisiert. 2012 ging ich dann mit meinem Mann und meiner jüngsten Tochter nach Spanien, 2017 kamen wir nach Berlin zurück, da ich wieder näher bei meiner Familie sein wollte.
Sie sind Politikwissenschaftlerin? Wie sind Sie zum nachhaltigen Anbau von Cashews gekommen – woher kommt Ihre Liebe zum Superkern?
Meine Liebe gilt nicht speziell dem Kern, sondern der ganzen Cashew und der Kultur drum herum. Die Cashewkultur ist im Nordosten Brasiliens verbreitet und eine wichtige Einkommensquelle für die kleinbäuerlichen Familien. Im Rahmen unseres Projektes arbeiteten ich und mein Mann auch mit Cashewbauern und – bäuerinnen und ihren Kooperativen an der Verbesserung der Qualität, der Teilnahme an Messen und der Zertifizierung. Gleichzeitig lernten die Familien, einen Garten anzulegen und mehr Gemüse und Obst anzubauen, um nicht nur vom Verkauf der Cashewkerne abzuhängen.
Was fasziniert Sie an Cashews besonders?
Die Cashewkultur an sich fasziniert mich. Die Cashewbäume wurden schon von den indigenen Völkern im Nordosten Brasiliens genutzt. Ihren Blättern wurde Heilkraft für die Nieren zugesprochen und da der Kern einer Niere ähnelt, wurde der Baum „acaju“, „Nierenbaum“ genannte. Die Portugiesen verbreiteten den Baum nach Afrika und Asien, dort diente er zur Befestigung von Küsten. Im Nordosten ist die Cashew bis heute Teil der Kultur, es gibt „Cashew Festivals“, mit den vielfältigen Produkten aus Cashew, Folklore und Informationen rund um den Cashew Anbau. Ich fand es auch faszinierend, die vielen Gerichte zu probieren, die mit dem Cashewfruchtfleisch möglich sind. Auch die Cashewkerne* können sehr vielseitig eingesetzt werden.
Welche Geheimnisse schlummern im Kern, die viele hier in Deutschland nicht kennen?
Die Kerne sind voller Vital- und Nährstoffen und sind mit ihrem hochwertigen Protein eine wunderbare Eiweißquelle. Sie sind auch reich an einfach und mehrfach ungesättigten Fetten, die das schlechte Cholesterin senken und das gute Cholesterin erhöhen.
Tatsächlich fast ein Geheimnis ist, dass die Cashewkerne zu den besten L-Tryptophan-Lieferanten zählen. Dabei handelt es sich um eine Aminosäure, aus der im Körper der Botenstoff Serotonin hergestellt wird, der umgangssprachlich auch Glückshormon genannt wird. Er wirkt antidepressiv, stimmungsaufhellend, entspannend und schlaffördernd. Sie gelten daher als Gute-Laune-Nüsse. Und sie enthalten auch B-Vitamine, die als nervenstärkend gelten und die Konzentration erhöhen. Die Cashewkerne habe es echt in sich.
Warum ist es Ihnen besonders wichtig, dass Ihre Cashews von kleinbäuerlichen und genossenschaftlich organisierten Erzeuger*innen stammen? Was ist das Besondere am Anbau der Cashews in dieser Kooperative
Durch unsere Projektarbeit haben wir damals gesehen, wie schwierig es für die Erzeuger*innen ist, ihre Produkte auf den Markt zu bringen. Sie hängen von Zwischenhändlern ab, die ihnen die Cashewkerne schon vor der Ernte zu einem niedrigen Preise abkaufen. Das gilt auch für andere Produkte und wir haben damals mit einigen Kooperativen daran gearbeitet, dass sie selbst vermarkten und höhere Preise erzielen können. Ein paar Kooperativen schafften es zu exportieren, wenn sie direkt mit Importeuren aus Europa oder den USA zusammenarbeiten.
Besonders intensiv haben wir in der Kommune Barreira gearbeitet, zusammen mit einer lokalen Vereinigung. An den Kursen und Veranstaltungen nahmen viele Cashewbauern -und bäuerinnen teil und bald widmeten wir uns der Stärkung der Organisation, die Qualifizierung der Produkte und deren Zertifikation.
Wichtig ist uns, dass möglichst viel Mehrwert vor Ort geschaffen wird, indem die Produkte dort verarbeitet und verpackt werden. Wir arbeiten direkt mit Kooperativen und familiären Betrieben an der Entwicklung neuer Produkte und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die „cashew-campaign acaju“ ist ein Projekt, in das PlanetVegFoods investiert. In Zukunft soll ein Teil der Gewinne in das Projekt fließen, um die Agroforstwirtschaft zu stärken und die Einkommen der Familien zu erhöhen.
Sie arbeiten mit der Vereinigung “PA-Rural” zusammen, was macht diese Vereinigung aus?
Die PA-Rural wurde als gemeinschaftliche Vereinigung von Barreira (ACB – Associação Comunitária de Barreira) 1986 gegründet. In der Fabrik wird die Cashewernte von um die zweitausend Familien verarbeitet, außerdem existieren ca. 50 Minifabriken, in denen die Cashewkerne gedämpft, geknackt und sortiert werden. Der Verkauf erfolgt aber zumeist über Zwischenhändler der größeren Fabriken, oder über die PA-Rural.
Die PA-Rural verarbeitet die Cashewkerne* traditionell, das heißt die Kleinbauern und -bäuerinnen warten die Reifung der Cashews ab. Die Cashewnüsse werden dann in der Sonne getrocknet und anschließend schonend gedämpft, um die harte Schale knacken zu können. Durch das Dämpfen werden die Gifte aus der Schale gelöst, aber anders als bei der Verbrennung, wie es oft in Asien gemacht wird, entstehen keine giftigen Dämpfe. Die herausgelösten Cashewkerne werden von Resten der Schale gesäubert und nach Größe und Qualität sortiert. Die Kooperative PA-Rural garantiert gute Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit ist nicht erlaubt und es wird auf die Gesundheit der Arbeiter*innen geachtet.
Wie sind Sie zum biozyklisch-veganen Anbau gekommen?
Ich war 2018 Landesvorsitzende der V-Partei, als ich Axel Anders kennenlernte. Die Idee des biozyklisch-veganen Anbau fand ich davor bereits bei einem Vortrag von Johannes Eisenbach in der GLS Bank sehr interessant. Herr Anders lud mich zu Treffen ein und ich arbeitete ein paar Mal in der AG Fundraising mit, hatte aber nicht viel Zeit für die Antragstellung. Jetzt bin ich in der AG Handel und Vertrieb, der Austausch dort ist sehr wichtig. Wir sind gerade dabei, der PA-Rural die biozyklisch-vegane Zertifizierung zusammen mit der Bio-Zertifizierung zu ermöglichen.
Ein Großteil der Cashew Frucht wird nicht weiterverwertet, sondern entsorgt – das wollen Sie ändern? Wie?
Die Frucht ist schnell vergänglich und bleibt meistens auf dem Kompost oder wird entsorgt. Nur ein kleiner Teil wird zu Cashewsaft, der traditionellen Cajuina, verarbeitet, ein noch geringerer Teil zu Trockenobst und Marmelade. Auch bei der Herstellung von Cajuína bleiben die Fasern übrig, die verwertet werden können.
Mein Mann ist Agrarwissenschaftler, wir hatten zusammen die Idee, Cashew „Fleisch“, die Fruchtfleischfasern, nach Deutschland zu bringen, mit denen wir damals schon experimentiert hatten. Die Cashewfasern sind sehr vielseitig in der veganen Küche nutzbar. Bisher werden sie vom einem Betrieb, mit dem wir an der Entwicklung arbeiten, gefroren an Restaurants vor Ort geliefert. Um sie in Konserven zu verarbeiten, müssen wir noch einiges investieren. Da es noch dauert, bis die Verarbeitung für den Export geeignet ist, haben wir mit Cashewkernen angefangen, jetzt kommt noch Cashewsaft dazu.
Wie kann man sich den Geschmack von Cashew Saft vorstellen, gibt es etwas Vergleichbares?
Cajuína ist ein typisches Getränk aus dem Nordosten Brasiliens, ohne Alkohol, geklärt und sterilisiert. Das Funktionsgetränk hat eine gelbliche Bernsteinfarbe, die durch die Karamellisierung des natürlichen Zuckers im Saft entsteht. Der von uns importierte Cashewsaft wird durch eine Ultrafiltrationsmembran ohne Verwendung von tierischem Eiweiß filtriert, ist also vegan. Er ist biozertifiziert und ohne Zuckerzusatz oder Zusatzstoffe. Cajuína enthält viermal mehr Vitamin C als Orangen, wird gekühlt getrunken und kann für Mixgetränke verwendet werden.
Welcher Teil der Cashew Frucht schmeckt Ihnen persönlich am besten?
Ich liebe die Cashewkerne*, aber den Saft, Cajuína und die Fruchfasern mag ich auch sehr gerne. Eigentlich kann ich nicht sagen, was mir davon am besten schmeckt, es sind ja ganz unterschiedliche Produkte.
Was unterscheidet den Cashewbruch* vom rohen Kern?
Der Bruch entsteht bei der Bearbeitung der Cashewkerne. Sie sollen möglichst ganz aus der Schale gelöst werden, aber sie brechen oft. Dieser Bruch wird dann günstiger verkauft und lässt sich gut für Kuchen, Soßen oder zur Käseherstellung verwenden.
Im Supermarkt erhält man nur geröstete Kerne, Ihre Cashews werden roh verkauft – warum?
Erstmal halten sich geröstete Kerne nicht so lange, außerdem sind sie meistens gesalzen. Die rohen Cashewkerne lassen sich vielfältig einsetzen, außerdem schmecken sie frisch in der Pfanne oder im Ofen geröstet am besten. Damit lassen sich asiatische Gerichte oder Salate bereichern, oder auch im Müsli verwenden, da sie nicht gesalzen sind.
Was sind weitere Besonderheiten an den Cashews, die von Ihnen aus Brasilien importiert werden?
Anders als die asiatischen Cashewkerne sind die aus Brasilien größer und enthalten nicht so viel Tannine/Gerbstoffe, diese hinterlassen oft einen etwas bitteren Nachgeschmack. Es sind einfach die originalen Cashewkerne*, aus dem Herkunftsland, sie schmecken einfach besser.
Was sollten alle Menschen über Cashews wissen?
Cashews sind super gesund und trotz der Strecke, die sie nach Europa zurücklegen, ist ihre vielseitige Verwendung in der veganen Küche ein guter Beitrag, um den Konsum von Tierprodukten zu senken. Der Weg aus Brasilien ist auch nicht so lang wie die Strecke, die Cashewkerne aus Asien zurück legen, die oft erst aus Afrika zur Verarbeitung dorthin geschifft werden.
Es wäre gut mehr darüber zu informieren, unter welchen Bedingungen die Cashews angebaut und verarbeitet werden. Alle sollten wissen, warum gute Qualität, aus ökologischem Anbau und fair gehandelt, mehr kostet und warum es uns dies wert sein sollte. Im Falle der Cashews von Acajú stärkt der Kauf die Cashewkultur in Barreira, Ceará, Brasilien. Wer mehr über unser Projekt wissen will kann sich gerne in unseren Newsletter eintragen.
Frau Küster, vielen Dank für Ihre Zeit und das ausführliche Interview.