Der Unterschied zwischen bio-veganer Landwirtschaft und biozyklisch-veganem Anbau


Der Unterschied zwischen bio-veganer Landwirtschaft und biozyklisch-veganem Anbau – Eine Reise durch den Begriffsdschungel

„Bio“, darunter kann man sich etwas vorstellen. „Vegan“, das ist auch so langsam, aber sicher den meisten ein Begriff. Doch was genau steckt eigentlich hinter „biozyklisch-vegan“ und wie unterscheidet sich dieser Begriff von „bio-vegan“? Lassen Sie sich mitnehmen auf eine Reise durch die Welt und Sprache der Labels, Inhaltsstoffe und Anbauformen.

Alles Bio oder was?

In den letzten Jahrzehnten wurde er immer bedeutsamer: der ökologische Landbau. Was anfangs eine kleine Nische im Reformhaus war, wurde zum anhaltenden Boom. Der Bioanteil in den Läden und Discountern geht seit Jahren nach oben und die Zahl der Umstellungsbetriebe wächst in Deutschland wie nie zuvor.

Der Ökolandbau steht neben einem Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemittel (wie Nitratdünger) auch für einen Verzicht auf Ackergifte (Herbizide, Fungizide, Pestizide) und basiert stattdessen auf einer organischen (statt mineralischen) Düngung und auf dem Prinzip des vorbeugenden Pflanzenschutzes durch die Anwendung von Fruchtfolgen, klassisch auch als Drei- oder Vierfelderwirtschaft bezeichnet. Auch sind einige gängige Tierhaltungspraktiken im Ökolandbau verboten, bspw. muss den Tieren etwas mehr Platz zur Verfügung gestellt und eine gentechnikfreie Fütterung sichergestellt werden. Seit 1991 wird der ökologische Landbau durch die EU-Öko-Verordnung definiert, vom Anbau über die Verarbeitung und Verpackung genau geregelt und für Verbraucher*innen anhand des EU-Bio-Siegels auf den Produkten kenntlich gemacht.

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Alle Produkte, die in der EU als „biologisch“ oder „ökologisch“ vermarktet werden, müssen das Siegel tragen.

Bio nicht gleich Bio

Weiterhin gibt es neben dem EU-Biosiegel einige Bioverbände mit eigenen Siegeln, die strengere Richtlinien vorschreiben. So ist z.B. für die Verbandssiegel eine Gesamtbetriebsumstellung auf Ökolandbau notwendig, während die EU-Öko-Verordnung auch eine Teilbetriebsumstellung zulässt. Bei den Verbänden dürfen zur Düngung von Gemüse keine Blut- oder Knochenmehlpellets verwendet werden, während dies in der EU-Öko-Verordnung durchaus erlaubt ist. Die Richtlinien der Verbände gehen also in manchen Punkten über die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung hinaus, diese ist quasi nur der kleinste gemeinsame Nenner. Die Verbandsrichtlinien unterscheiden sich aber auch teilweise untereinander: Im demeter-Anbau ist z.B. vorgeschrieben, tierische Präparate in homöopathischer Dosis anzuwenden und das Kupieren von Schwänzen und das Enthornen von Rindern ist strikt verboten.

Was der Begriff „bio“ umfasst, wurde deutlich, widmen wir uns nun also dem Begriff „vegan“:

Vegan – Hauptsache keine Tiere drin??

„Vegan“, pflanzlich oder auch pflanzenbasiert steht für eine Ernährungsform, in welcher aus tierethischen, ökologischen oder gesundheitlichen Gründen auf jegliche tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig sowie Leder, Seide und Wolle verzichtet wird. Als Deklaration auf Erzeugnissen meint die Bezeichnung „vegan“, dass die o.g. Stoffe nicht in diesem Produkt enthalten sind oder zu dessen Erzeugung verwendet wurden. Allerdings wird hier ein wichtiger Schritt in der Wertschöpfungskette nicht berücksichtigt: der erste, der Anbau auf dem Feld. Weder das V-Label noch andere vegane Deklarationen schließen die landwirtschaftliche oder gärtnerische Produktion von Lebensmitteln ein. Oft werden lediglich die Inhaltsstoffe und Verpackungsmaterialien in die Definition miteinbezogen. Ein veganer Bio-Haferdrink ist dann zwar in seinen Inhaltsstoffen vegan und der Hafer wurde auch ökologisch angebaut, gedüngt worden sein könnte er jedoch mit Gülle.

Vegane Düngung von Bioprodukten – meist eine Fehlanzeige

Wie oben bereits angedeutet, wird beim Anbau von Lebensmitteln häufig tierisch gedüngt – in Form von Gülle, Jauche, Mist oder aber auch (und das wissen die wenigsten) durch den Einsatz von tierischen Körperteilen aus industriellen Schlachthöfen, wie Hornspänen, Haar-, Feder-, Blut- oder Knochenmehlpellets. Diese Stoffe sind zu Haufe anfallender Abfall und werden als günstige organische Stickstoffdünger auch im ökologischen Gemüsebau verwendet. Studien weisen immer deutlicher darauf hin, dass diese Schlachtabfalldünger auch multiresistente Keime, Schwermetall- und vor allem auch Antibiotikarückstände enthalten können, die teilweise auch von den Kulturpflanzen der Folgekulturen aufgenommen werden können (GROTE et al. 2006).

Doch kommen wir zurück zu den Begriffen „bio“ und „vegan“. Wir wissen nun also, dass bio-veganer Haferdrink zwar ökologisch produziert und auch ohne tierische Inhaltsstoffe ist, doch mit Gülle oder Mist gedüngt worden sein kann. Es gibt eine Backfirma, die sich bio-vegan nennt, weil die Produkte eben diese Eigenschaften aufweisen. Und letztlich kann jede*r auf sein Produkt „bio-vegan“ schreiben, der das EU-Biosiegel nutzt. Der Begriff „bio-vegan“ ist also eher schwammig in Bezug auf die Düngefrage.

Und der bio-vegane Anbau?

Dem widerspricht der in den letzten Jahrzehnten durch ein Netzwerk junger Agrarstudierender und Selbstversorger*innen geprägte Begriff der bio-veganen Landwirtschaft. Damit ist tatsächlich ein Anbau, der ganz ohne tierische Dünge- und Betriebsmittel auskommt, gemeint. Viele Pionier*innen wie Eugen Ehrenberg vom Gärtnerhof Bienenbüttel, Margarete Langerhorst aus Oberösterreich oder Adolf Hoops, der in der Lüneburger Heide sehr erfolgreich vegan und ganzheitlich Gemüse anbaute, praktizieren dies oder haben dies praktiziert. Sie leb(t)en vor, dass es für einen nachhaltigen ökologischen Landbau und gesunde Lebensmittel, keine Tierhaltung oder tierische Düngung braucht und haben dafür den Begriff der bio-veganen Landwirtschaft geprägt.

Biozyklisch-vegan, ein geschützter Begriff

Seit dem Jahr 2017 gibt es auch für diese Anbauform endlich weltweit gültige Richtlinien, die vorschreiben, dass weder wirtschaftliche Tierhaltung stattfinden, noch tierischer Dünger zum Einsatz kommen darf. Sie werden, wie auch bei den Bioverbänden üblich, durch eine akkreditierte Kontrollstelle kontrolliert und die Betriebe anschließend zertifiziert. Dann dürfen die Produzent*innen ihre Erzeugnisse als „biozyklisch-vegan“ kenntlich machen und dazu das biozyklisch-vegane Gütesiegel nutzen.

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Der Begriff „biozyklisch“ leitet sich ab von „bios“ (gr. = Leben) und „kyklos“ (gr. = Kreislauf). „Biozyklisch-vegan“ meint also, sich im Anbau von Lebensmitteln den natürlichen Kreisläufen des Lebens anzunähern und möglichst enge, rein pflanzliche Stoffkreisläufe zu bilden. Dies wird durch eine Düngung mit lange gereiftem pflanzlichem Kompost, durch das Mulchen, ggf. auch den Einsatz von pflanzlichem Biogassubstrat, weitere Fruchtfolgen, die Verwendung von Wild- und Heilkräutern sowie von Mischkulturen, Untersaaten und Zwischenfrüchten realisiert. Des Weiteren wird besonderer Wert auf die Förderung der Artenvielfalt und das Schaffen von Lebensräumen für Wildtiere gelegt.

Der biozyklisch-vegane Anbau ist geschützt: Die internationale ideelle Adolf-Hoops-Gesellschaft mbH hat die Zeichenrechte inne und unterstützt die jeweiligen Förderorganisationen der Länder, wie etwa den Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. im deutschsprachigen Raum. Diese Organisation fördert den biozyklisch-veganen Anbau, klärt darüber auf und unterstützt Landwirt*innen und Gärtner*innen bei der Umstellung auf den bzw. bei der Umsetzung des biozyklisch-veganen Anbaus.

Betriebe, welche seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten vegan Lebensmittel anbauen und ihren Landbau „bio-vegan“ nennen, werden möglicherweise nicht dazu übergehen, sich nun „biozylisch-vegan“ zu nennen oder gar zertifizieren zu lassen. Manche Betriebe haben einen festen Kund*innenstamm und eine zusätzliche Deklaration ist daher nicht notwendig. Durch eine sehr direkte und transparente Beziehung zu den Abnehmer*innen benötigen diese Betriebe keinerlei Zertifikat, um nachzuweisen, dass auch die Düngung rein pflanzlich erfolgt und nicht mit Tierhaltung in Verbindung steht. Eine Kontrolle und Zertifizierung nach den Biozyklisch-Veganen Richtlinien ist vor allem für jene Betriebe sinnvoll, welche in den Handel oder an die verarbeitende Hand vermarkten, um eben klarzumachen, dass ihre Erzeugnisse ökologisch und vegan sind – und zwar ab Feld und im Einklang mit den Kreisläufen der Natur!!

Fazit

Ein Produkt kann in seinen Inhaltsstoffen „bio-vegan“, jedoch tierisch gedüngt und damit nicht „biozyklisch-vegan“ produziert sein. Ein Betrieb kann „bio-vegan“ anbauen und damit meinen, dass er die tierischen Düngemittel weglässt, ohne jedoch als „biozylisch-vegan“ zertifiziert zu sein. Genau hinzuschauen lohnt sich also und wir finden, das biozyklisch-vegane Gütesiegel hat in so einem Begriffschaos durchaus seine Berechtigung. Es steht für maximale Transparenz für eine bis zum Feld vegane Wertschöpfungskette. Vegan ab Feld – noch veganer geht es nicht!

Quellen:

GROTE, M. / SCHWAKE-ANDUSCHUS, C. / STEVENS, H. / MICHEL, R. / BETSCHE, T. / FREITAG, M. (2006): Antibiotika-Aufnahme von Nutzpflanzen aus Gülle-gedüngten Böden. Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 1, S. 40-52